Disney Filme: über Schönheitsideale, Rollenbilder und deren Einfluss auf Kinder

11.07.2016
Disney

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Disney Filme zeichnen das Bild einer gefühlvollen Welt, in der das Gute siegt und die Prinzessin am Ende ihren Prinzen findet. So weit, so gut – ein Märchen eben. Doch jede Geschichte vermittelt auch Botschaften und Werte, die Einfluss auf heranwachsende Kinder ausüben. Denn der Zeichentrickfilm ist in unserer Gesellschaft zu einem wichtigen Geschichtenerzähler geworden, der bei der Vermittlung von Rollen, Normen, Werten und Idealen mindestens genauso eine Rolle wie traditionelle Institutionen (z.B. Schulen oder die Familie). In diesem Zusammenhang übernehmen Disney Filme die Funktion einer moralischen Erziehungsinstanz und sollen dabei helfen, das kindliche Verständnis von Richtig oder Falsch bzw. Gut und Böse zu prägen.

Die häufigsten Kritikpunkte, denen sich die Macher von Disney Filmen heute stellen müssen, sind die konservative Rollenverteilung und die verzerrte Darstellung von Schönheitsidealen und sozialen Verhältnisse. In diesem Artikel beleuchten wir dieses Thema und geben einen Ausblick, in welche Richtung die Entwicklung geht.

Disney Filme und das Schönheitsideal der Disney-Prinzessinnen

Kindchenschema, langer Hals, schmale Schultern, eine Wespentaille schmaler als der Hals, keine Hüfte, Beine, die jeder anatomischen Logik widersprechen und natürlich perfekt gestylte wallende Haare in jeder Lebenslage – das ist Disney’s Schönheitsideal, dem viele junge Mädchen blind nacheifern.

Die Illustratorin Loryn Brantz hat sich über dieses Schönheitsideal Gedanken gemacht und das Bild der Disney-Prinzessinnen ein wenig zurechtgerückt. Sie hat sechs berühmte Heldinnen aus Disney Filmen ein wenig nachbearbeitet, um zu zeigen, wie die Prinzessinnen mit realistischen Körpermaßen aussehen würden.

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„Als Kind ist uns vielleicht nicht bewusst, dass diese Bilder einen Einfluss auf uns haben, aber das haben sie definitiv“, meint Brantz. „Medien, die die Möglichkeit haben, die Sichtweise auf Frauen und ihre Sicht auf sich selbst zu beeinflussen, sollten Verantwortung übernehmen. Es braucht nur ein paar kleine Änderungen, um die Taillen dieser Prinzessinnen weniger extrem wirken zu

Loryn Brantz hat in ihrem Statement darauf hingewiesen, dass der Einfluss von Medien auf die Selbstwahrnehmung und das Rollenverständnis von Kindern nicht zu unterschätzen ist. Insbesondere Mädchen sind durch das vermittelte Schönheitsideal und die zunehmende Sexualisierung der Disney-Prinzessinnen gefährdet, verzerrte Erwartungen und Vorstellungen von einem normalen Frauenkörper zu verinnerlichen.

Dass dies keine abgehobene Theorie ist, zeigt die 16-jährige Münchnerin Katharina Weiß in ihrem Buch „Schön!?“. Als Teil jener Generation, der unter dem Einfluss der Disney-Prinzessinnen aufgewachsen ist, befragt sie in ihrem Buch Altersgenossinnen zum Thema „Körper, Ideale und Problemzonen“. Die Botschaft von Arielle, Cinderella und Schneewittchen – „Man fühlt sich gut, wenn man gut aussieht“ – sei bei dieser Generation voll angekommen, resümiert Katharina Weiß. So gesehen sei es auch kein Wunder, dass sich in Deutschland jedes fünfte Mädchen zwischen 9 und 14 Jahren eine Schönheits-OP wünscht, fügt sie hinzu.

Wie sieht es mit dem Geschlechterverhältnis in der Disney World aus?

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Spätestens seit dem Bechdel-Test ist die ungleiche Aufteilung der Redezeit zugunsten männlicher Protagonisten kein Geheimnis mehr. Um dieser Frage nachzugehen, untersuchten die Linguisten Carmen Fougth und Karen Eisenhauer die Dialoge der Disney Filme, um herauszufinden, wie oft Frauen und wie oft Männer das Wort führen („percent of words spoken“). Für die Untersuchung wurden jene Disney Filme ausgewählt, in denen Frauen die tragende Rolle spielen.

Wie sieht es mit dem Geschlechterverhältnis in der Disney World aus?

Die Ergebnisse sind teilweise überraschend, denn gerade in den Disney Filmen der Anfangszeit war die Redezeit noch gleichmäßig bzw. sogar zugunsten der weiblichen Hauptcharaktere verteilt. So fanden die Forscher heraus, dass in „Schneewittchen und dient.

Danach dauerte es 30 Jahre, bis es mit „Arielle, die Meerjungfrau“ wieder eine weibliche Heldin gab. Interessanterweise waren nun in den Filmen der sogenannten Disney- Renaissance  (1989 – 1999) die Frauen in ihrer Redezeit stark zurückgedrängt. Denn nun führen Männer das Wort, die den Heldinnen zur Seite gestellt werden. Die Heldin benötigt einen Mann, um erfolgreich zu sein. Zudem sind Nebenfiguren fast durchwegs mit Männern besetzt. In Disney Filmen mit männlichen Helden ist das Ungleichgewicht noch stärker: So kommen 90 Prozent der Dialoge in „Aladdin“ aus dem Mund von männlichen Figuren.

In der Moderne der Disney Filme kam es allerdings wieder zu einem Wechsel, der weiblichen Heldinnen wieder deutlich mehr Redezeit einräumt. So stammen in „Rapunzel-neu verföhnt (Tangled) 52 Prozent der Dialoge von weiblichen Figuren. Schade ist allerdings, dass die Redezeit der weiblichen Figuren in „Die Eiskönigin (Frozen)“ nur 41 Prozent beträgt und das obwohl der Film in erster Linie von zwei Schwestern handelt.

Im Land der Disney Filme macht Armut glücklich

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Aus einer jüngst publizierten soziologischen Studie der Duke University in North Carolina lässt sich ein weiterer Kritikpunkt in Disney Filmen festmachen. Denn, so das Ergebnis der Untersuchung,  Kindern werde auch ein verzerrtes Bild von Armut, sozialer Ungleichheit und Aufstiegschancen vermittelt.

In der Studie wurden insgesamt 100 Haupt- und Nebencharaktere aus 36 Filmen von Disney und Pixar auf ihre Zugehörigkeit zu einer sozialen Schicht untersucht. Dazu gehörten Filme wie Schneewittchen und die sieben Zwerge, Der Polarexpress, Rugrats – Der Film, Cars, Ratatouille und Mary Poppins.

Nur vier Prozent der Hauptcharaktere stammen laut Studie aus armen Verhältnissen, 16 Prozent sind der Arbeiterklasse zuzurechnen. Somit sind arme Menschen und die Arbeiterklasse in Disney Filmen unterrepräsentiert, während die Oberschicht überrepräsentiert ist. Soziologieprofessorin Jessi Streib kreidet der Filmindustrie allerdings nicht nur die verzerrte Darstellung sozioökonomischer Verhältnisse an, sondern vor allem die Legitimierung und Verfestigung vorherrschender sozialer Ungleichheiten: „Arm zu sein, ist nicht weiter schlimm. In der Arbeiterklasse zu sein, macht dich glücklich. Jeder, der aufsteigen will, ehrgeizig und ein guter Mensch ist, schafft das auch. Und die Reichen sorgen sich mit Vergnügen um alle anderen.“ Damit würde in einigen Disney Filmen der Eindruck vermittelt, dass man sich keine Sorgen über die Ungleichheit machen muss, da die Arbeiterklasse glücklich damit ist, wo sie steht.

Allerdings muss man einräumen, dass es schwierig sein dürfte, realistische Vorstellungen über Aufstiegschancen und Armut in Kinderfilme zu integrieren. Denn wer möchte so einen „ehrlichen“ Kinderfilm sehen?

Fazit

Neuere Filme wie „Rapunzel-neu verföhnt“ oder „Die Eiskönigin (Frozen)“ verdeutlichen, dass sich die konservative und stereotype Rollenverteilung bei Disney in einem Wandel befindet und den gesellschaftlichen Veränderungen Rechnung getragen wird. Denkt man nur an Elsa („Die Eiskönigin“), in deren Geschichte es keine Liebesbeziehung gibt, sondern die Reise zu sich selbst im Mittelpunkt steht. Und im Lied „Fixer Upper“ desselben Filmes geht es darum, dass Liebe nicht heißt, jemand Perfekten zu finden, sondern dass wir alle noch an uns arbeiten müssen.

Disney scheint also moderner zu werden, sich dem Lauf der Zeit anzupassen und neue Wege hinsichtlich des weiblichen Rollenbildes zu gehen. Die jüngsten Heldinnen und Prinzessinnen können jedenfalls mehr als nur hübsch sein und auf den Traumprinzen warten. Punkto Schönheitsideal wäre allerdings eine realistischere Darstellung der weiblichen Körpermaße durchaus wünschenswert, da diese falschen Bilder großen Einfluss auf die Selbstwahrnehmung unserer Kinder haben.

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