Ein Festival inmitten der Pandemie

27.07.2021

In Cannes gewann mit Julia Ducournau erst die zweite Frau der Filmgeschichte eine Goldene Palme. Auch das österreichische Kino darf sich freuen.

Von Matthias Greuling

© Katharina Sartena

Das 74. Filmfestival von Cannes war in vielerlei Hinsicht speziell: Da war zunächst einmal die Pandemie, der Festivalchef Thierry Frémaux mit ziemlicher Lässigkeit zu trotzen versuchte; zwar gab es am Festivalgelände an der Croisette strenge Sicherheitskonzepte und Maskenpflicht im Kino, aber wie man das von der französischen Lebensart kennt, wird hier alles nur halb so heiß gegessen wie gekocht: Maskenkontrolle im Kino – Fehlanzeige.

Nach dem abgesagten Festival 2020 gierte das Team nach der diesjährigen Ausgabe, da wurden die rund 50 entdeckten, positiven Corona-Fälle nicht groß aufgebauscht – schließlich gab es insgesamt rund 50.000 Testungen beim Festivalpublikum.

Das zweite Mal

Natürlich ist man in Cannes auch vom Programm her speziell: Denn eigentlich hat dieses Festival bisher den Charakter gehabt, vorwiegend alte, weiße Herren auszuzeichnen. Jane Campion war 1993 die erste und bislang einzige Ausnahme, die die Goldene Palme gewann, für „Das Piano“. Aber heuer war es soweit: Die Jury um ihren Präsidenten Spike Lee und mit der Wienerin Jessica Hausner im Team zeichnete am Ende die nunmehr zweite Frau der Festivalgeschichte mit der Goldenen Palme aus: Julia Ducournau wurde für ihr Drama „Titane“ geehrt, und diese Entscheidung ist absolut verdient. Vier der 24 Arbeiten im Wettbewerb stammten heuer von Frauen. Das ist immerhin ein Anfang.

Der Gewinnerfilm

Auch „Titane“ ist besonders: Er war der wohl gewalttätigste Film des diesjährigen Wettbewerbs und erzählt die Fantasy-Geschichte einer jungen Frau, die Sex mit Autos hat, ohne Hemmungen tötet und vorgibt, ein Bub zu sein, obwohl sie von einem alten Cadillac schwanger ist. Der als feministischer Horrortrip bezeichnete Film mit dem französischen Model Agathe Rousselle in der Hauptrolle hat die Genregrenzen mehrfach gesprengt, er ist ein wilder Versuch, die Geschlechterrollen auszuhebeln und besetzt frech und unter Zuhilfenahme von entkräfteten Klischees feministische Positionen. Die Heldin bekommt nach einem Autounfall eine Titanplatte in den Schädel eingesetzt, was ihrer Liebe zu Autos keinen Abbruch tut – und ihrer Lust, jeden und jede abzuschlachten, der/die sich ihr in den Weg stellt, auch nicht. Auf ihrer Flucht nimmt sie die Identität eines zehn Jahre zuvor verschwundenen Buben an, dessen Vater (Vincent Lindon), ein Feuerwehrmann, seine Männlichkeit mit Hormonspritzen aufpäppelt. Schrille Figuren und ein durch und durch verstörend-genialer Film!

Preisträger mit österreichischer Beteiligung

© Katharina Sartena

Das ließ nicht viel Raum für die anderen Preisträger: Der Iraner Asghar Farhadi bekam ex aequo mit dem Finnen Juho Kuosmanen den Großen Preis der Jury, die zweitwichtigste Auszeichnung des Festivals. „Hytti No 6“ von Kuosmanen ist ein stilles, lakonisches Roadmovie auf Schienen, Farhadi liefert mit „A Hero“ ein hochqualitatives Drama über einen Häftling ab, der durch eine gute Tat zum Helden und Liebling der (sozialen) Medien wird. Bester Regisseur wurde Leos Carax, der für den Cannes-Eröffnungsfilm „Annette“ ausgezeichnet wurde. In der Reihe „Un certain regard“ gewann die österreichische-deutsche Koproduktion „Die große Freiheit“ von Sebastian Meise über Leidtragende des Paragrafen 175, der bis 1994 Homosexualität unter Strafe stellte. Es ist ein relevanter, famos gespielter Film, der in Cannes durchaus auch im Wettbewerb Platz gehabt hätte.

Alle Preisträger auf www.festival-cannes.fr

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