Karl May Superstar

03.03.2022

Bis aus den abenteuerlichen Büchern von Karl May (1842-1912) veritable Kinohits wurden, verging viel Zeit. Es brauchte etliche Flops, bis Winnetou & Co. endlich zu den Legenden wurden, die sie heute sind.

Winnetou I
© 1963 Tobis Film

Am Anfang von Karl Mays Eroberung der Kinoleinwände stand viel Herzblut – und ein kapitaler Flop. Als sich die glühende May-Verehrerin Marie Louise Droop (1890-1959) im Alter von 13 Jahren ein Herz fasste und begann, ihrem Lieblingsautor Briefe zu schreiben, da ahnte sie noch nicht, dass sie einmal die erste sein würde, die eine Verfilmung eines May-Romans produzieren würde. Droop traf den Abenteuer-Autor sogar noch persönlich, ehe dieser 1912 starb. Zu Lebzeiten ist nichts bekannt davon, dass sich findige Produzenten um die Filmrechte zu Mays Oeuvre bemüht hätten, da hatten Kollegen wie Jack London mehr Strahlkraft (er wirkte in der Verfilmung seines Buches „Der Seewolf“ 1913 sogar selbst mit). Aber Marie Louise Droop erkannte die Breitenwirksamkeit des relativ neuen Mediums und konnte Mays Witwe Klara davon überzeugen, die Rechte für drei Verfilmungen herauszugeben. Für die Umsetzung gründete Droop in Berlin die Ustad-Filmgesellschaft; das persische Wort Ustad steht für einen Ehrentitel (etwa „Maestro“), bezeichnet aber auch eine Figur aus Karl Mays „Im Reiche des silbernen Löwen“. Die Produktionsfirma sollte sich voll und ganz der visuellen Umsetzung von Mays Werk widmen, und die ersten drei Produktionen waren auch innerhalb eines Jahres fertig: „Auf den Trümmern des Paradieses“, „Die Todeskarawane“ und „Die Teufelsanbeter“ (der einen frühen Leinwandauftritt des späteren Dracula-Darstellers Bela Lugosi enthält) wurden allesamt 1920 gedreht, zu einer Zeit, als es deutschlandweit 3000 Kinos und 350 Millionen zahlende Zuschauer gab. Ein Riesenpotenzial also.

Der lange Weg bis zum Kino-Erfolg

Doch das Publikum verweigerte den Filmen seine Zustimmung. Die Stummfilme, die aufwändig in Studios in Berlin und bei Außendrehs in der Sächsischen Schweiz entstanden, konnte dramaturgisch nicht überzeugen, das sagten zumindest die damaligen Filmkritiker. Den hellen Geist Karl Mays, seine Leidenschaft für das Abenteuer, für Exotik und Spannung konnten die Filme offenbar nicht reflektieren. Überprüfen lässt sich das allerdings nicht: Alle drei Filme gelten heute als verschollen, es gibt davon keinerlei Kopien.

Mehr als 15 Jahre lang wagte sich niemand an die Bücher Karl Mays, und das, obwohl sie (im deutschen Sprachraum) fast jeder kannte. Auch, wenn Mays Werk in mehr als 40 Sprachen übersetzt wurde, zum Weltautor hat er es nicht gebracht – er blieb bis heute ein sehr deutsches Phänomen. 1935 wagte sich die Berliner Lothar-Stark-Film an die Adaption von „Durch die Wüste“ – und ging einen anderen Weg als die Stummfilme: Um wirkliche Exotik zu zeigen, reiste das Filmteam für die Außenaufnahmen nach Ägypten – aber die zeitgenössische „Filmkritik“ der NS-Presse war erbarmungslos: Zu langatmig, zu wenig Spannung – und am Ende noch ein halb-jüdischer Regisseur, was die Firma unter der NS-Herrschaft zuverlässig ins Aus manövrierte.

Wieder vergingen Jahrzehnte. Erst mit den beiden in Spanien gedrehten „Die Sklavenkarawane“ (1958) und „Der Löwe von Babylon“ (1959) wagte man sich wieder an zwei May-Vorlagen, wobei ersterer von Georg Marischka, dem Neffen des „Sissi“-Regisseurs Ernst Marischka, inszeniert wurde und es immerhin zum Achtungserfolg brachte, sodass hinterher gleich der zweite folgte.

Der jedoch floppte – und wieder ging der Plan, aus Karl Mays Romanen serienhafte Kinoerfolge zu produzieren, daneben. Auch, als man die beiden Filme Anfang der 60er Jahre nochmals in die Kinos brachte, wollte sie kaum jemand sehen, was nicht an der Besetzung mit Georg Thomalla und Theo Lingen lag, die ihre Sache recht ordentlich machten. Aber der Erfolg von Karl May auf der großen Leinwand sollte nicht mehr lange auf sich warten lassen.

Denn es kam: 1962. Im selben Jahr, in dem auch James Bond mit „Dr. No“ seinen Siegeszug um die Welt antrat, gelang es auch, Karl May im Kino zur absoluten Gelddruckmaschine zu führen. Initialzündung für den Erfolg wurde Harald Reinls Verfilmung von „Der Schatz im Silbersee“, der zum Überraschungshit wurde. Das Branchenblatt „Filmecho/Filmwoche“ vermeldete zu Weihnachten 1962: „Schlangen vor den Kinokassen, wie man sie nur noch in blasser Erinnerung hatte, beweisen, dass es sich bei diesem Film offenbar um einen Goldschatz handelt“.

Der Schatz im Silbersee
© 1962 Tobis Film

Winnetou und Old Shatterhand

In nur sieben Jahren wurden 17 Filme gedreht, die mehr oder weniger auf Mays Büchern basierten, darunter die „Winnetou“-Trilogie (1963-1965), „Old Shatterhand“ (1964), „Der Schut“ (1964) oder „Durchs wilde Kurdistan“ (1965). Allein 1965 kamen sieben Karl-May-Verfilmungen heraus, in denen zumeist die jugoslawische Landschaft als Kulisse für die USA herhalten musste. Überzeugt hat das damals wie heute jeden Fan. Bis in die 70er Jahre hielten sich Proteste der Kinobetreiber gegen eine TV-Ausstrahlung dieser Filme, weil die bei jeder Wiederaufnahme in den Kinos so viel Publikum anlockten. Und: Es war die Zeit ikonografischer Helden im deutschen Kino, an deren Spitze der Beliebtheitsskala ausgerechnet ein Franzose und ein Amerikaner standen: Pierre Brice gab seinem Winnetou – den holzschnittartigen Vorzeichen der Filmreihe getreu folgend – eine Sanftheit und Anmut, eine Güte und eine Heroik, die kein Schauspieler im US-Kino über Native Americans je auf die Leinwand brachte. Und Lex Barker, der Hüne und Colt-Akrobat, wurde als kongenialer Partner des Indianers schnell zum Helden jedes Kinderzimmers.

Jeder Trend hat mal ein End‘, und auch die Hoch-Zeit der Karl-May-Verfilmungen ging vorüber. 1974 fokussierte das Bio-Pic „Karl May“ – hochkarätig besetzt mit Helmut Käutner (als Karl May), Attila Hörbiger, Lil Dagover und Rudolf Prack – auf die letzten 12 Lebensjahre des sächsischen Schriftstellers. Es folgten ein paar TV-Filme, aber der nächste große Kinofilm rund um Karl May war dann eine Parodie: „Der Schuh des Manitu“ (2001) von Michael „Bully“ Herbig durfte sich lange der erfolgreichste deutsche Film aller Zeiten nennen.

Humor war Karl May nicht fremd, und dieser Ulk hat bis heute Kultstatus. Vielleicht auch deshalb, weil seither nicht mehr viel passierte. Vielleicht ist die Zeit aber bald reif für einen neuen Winnetou?

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