Der Vater zweier Mythen

28.06.2021

Von Rocky bis Rambo: Sylvester „Sly“ Stallone wird 75. Eine Hommage.

© 1988 Carolco International N.V. All Rights Reserved.

„Wenn ich beim Läuten des Schlussgongs immer noch stehe, dann werde ich zum ersten Mal in meinem Leben wissen, dass ich nicht nur irgendein Penner, kein Niemand bin“, sagt Rocky Balboa, diese Filmfigur, welche die ur-amerikanischen Tugenden repräsentierte wie kaum eine andere Film-Ikone. Er verlor zwar nach Punkten, aber er ging als Sieger vom Platz. Als Sieger des Willens und der Moral.

The American Dream

Es ist kein Zufall, dass Sylvester Stallone ausgerechnet 1976 erstmals als Rocky in den Boxring stieg, in jenem Jahr, als die Vereinigten Staaten gerade ihren 200. Geburtstag feierten. Es gab keinen besseren Anlass als diesen, um mit einem Boxerdrama den amerikanischen Traum nachzuerzählen. Eine Nation feierte sich selbst, und der Film feierte ihre größte Errungenschaft: Jemand, der ganz unten ist, kann es durch Fleiß, Anstrengung und Kampfesgeist bis ganz nach oben schaffen. „Damals identifizierte man Rocky mit der amerikanischen Flagge“, sagt Sylvester Stallone. „Dasselbe passierte mir mit Rambo in der Reagan-Ära. Diese Rollen werden mir immer anhaften.“

Eine Ikone die keine sein will

So wie Sylvester Stallone das sagt, klingt es resignativ. In Wahrheit ist er – als Ikone – das Opfer einer Gesellschaft, die immer nach Identifikationsfiguren und Anführern gierte. Nicht umsonst hat in den USA der Präsident die größte Strahlkraft: Es ist scheinbar kein Team, das dieses Land führt, es ist ein einzelner Mann.

„Alles, was ich dagegen tun kann, ist zu versuchen, mich nicht wie eine Ikone zu verhalten“, sagt Stallone. „John Wayne, zum Beispiel, hat in der Öffentlichkeit stets seine Meinung zu Politik oder Krieg kundgetan. Die Leute erwarten das von einer Ikone, sie erwarten, dass sie sich äußert. Ich habe das immer vermieden, ich wollte mich nie politisch engagieren, denn ich finde, Schauspieler sollten nicht über Politik reden. Ich sage lieber: Haltet euren Mund, denn die meisten verstehen gar nichts von Politik. Sie leben in Hollywood, das ist eine Fantasiewelt.“

Das Image des Muskelprotzes

© 2013 Warner Bros. Entertainment Inc. All rights reserved.

Mit 75 hat Stallone heute die schlimmsten Tiefpunkte seiner Karriere in dieser Fantasiewelt hinter sich gebracht. Jahrelang, nach den Erfolgen von „Rocky“ und „Rambo“, grundelte seine Karriere vor sich hin. Die Helden von einst wollte – nach etlichen Fortsetzungen – keiner mehr sehen. Die Zeiten änderten sich, das Publikum hatte sich an den No-Brainern aus dem Actiongenre sattgesehen, Heldenpathos hin oder her. Dazwischen gab es für Stallone zwar immer wieder kleinere Höhepunkte, wie etwa Renny Harlins Adrenalin-Kick „Cliffhanger“ (1993) oder den Sci-Fi-Actionfilm „Demolition Man“ (1993), mit denen er zumindest ordentliche Einspielergebnisse einfuhr. Aber als Schauspieler hatte Stallone stets das Problem, nicht ernst genommen zu werden: Ein Muskelprotz, der mit größter Einfalt seine Gegner verprügelte, das war sein Image, von dem er loskommen wollte, indem er auch Komödien drehte. Aber Filme wie „Stop! Oder meine Mami schießt“ (1992) gerieten zum Fiasko. Kritikerlob erntete Stallone allein für seine Darstellung eines übergewichtigen, abgehalfterten Polizisten in „Cop Land“ (1997). Mit „Rocky“ brachte er es 1976 immerhin zu einer Oscarnominierung als bester Schauspieler und als bester Drehbuchautor – doch dieser Anerkennung stehen insgesamt acht „Razzie Awards“ gegenüber, Auszeichnungen für besonders schlechte Leistungen. Im Jahr 2000 wählte man Stallone gar zum „schlechtesten Schauspieler des Jahrhunderts“.

Sly bleibt nicht am Boden liegen

© 1981 Universal Studios Inc. / Universal Pictures

Doch Stallone ist Amerikaner, und derlei Tiefschläge versteht man dort als Aufforderung zum Kampf. Der Markstein für Stallone war seine Rückbesinnung auf das, was er am besten kann: Boxen und Schießen. 2006 erzählte er, 30 Jahre nach dem Original, mit „Rocky Balboa“ die Geschichte des Boxers weiter – nach eigenem Drehbuch und unter seiner Regie. 2008 legte er „Rambo“ neu auf und 2010 wurde seine Regiearbeit „The Expendables“ zum Überraschungshit: Hier kämpfen die Superhelden von einst als gealtertes Team – eine Rückbesinnung auf den Grundstoff seiner Karriere.

„Wenn ich an die Welt zurückdenke, in der ich lebte – das war eine imaginäre, nicht reale Welt -, sehe ich viele junge Schauspieler, die heute in dieser Welt leben. Diese jungen Stars entwickeln keine Persönlichkeit und verlieren ihren Sinn für die Realität. Aber diese Blase der Scheinwelt zerplatzt früher oder später. Denn niemand entkommt der Gravitation“, sagt Stallone. Aber auch nicht dem Ikonentum: „Die Gefahr ist groß, zu glauben, dass man selbst eine Ikone ist. Auf dem Boden zu landen, ist zunächst kein gutes Gefühl, sondern ein schwerwiegender psychologischer Umbruch. Das ist genauso, wie von Drogen loszukommen“.

Der Umkehrschluss ist typisch für Stallone, der sich als Sinnbild des starken Mannes nicht erlaubt, Schwäche zu zeigen: „Ich mache weiter, weil in mir noch immer ein Feuer brennt. Am Ende meines Lebens möchte ich sagen können: Ich bin völlig ausgebrannt“. Ein echter Amerikaner eben.

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