Ja, der TV-Markt befindet sich in Bewegung. Und nein, es ändert sich trotzdem nicht viel. Zwar setzen sich die Trends fort, revolutionäre Umbrüche bleiben aber aus. Die Privatsender haben in der werbestärksten Zielgruppe bis 49 schon länger die Nase vorn und machen in der Gesamtbevölkerung weiter Prozente auf die ORF-Sender wett. Netflix und Amazon Prime sind, gemessen an der gesamten Bewegtbild-Nutzung, mehr Hype als relevante Größe. Und HD ist nicht mehr wegzudenken.
Bewegung am TV-Markt ohne große Veränderungen
Die repräsentative RTR-Bewegtbildstudie 2017 zeigt, dass 91 % der Bevölkerung ab 14 Jahren täglich Bewegtbildformate nutzen. 78 % sehen mindestens einmal am Tag fern, 7 % schauen sich aufgenommene TV-Programme an, 5 % DVDs. Livestreams kommen laut Studie auf 3 %, TV-on-Demand auf 5 % und Videos auf 25 %. Kurz gesagt: Bewegtbild wird in vielfältiger Form konsumiert, das laufende Fernsehen spielt aber mit Abstand die wichtigste Rolle. Selbst beim jüngeren Publikum zwischen 14 und 29 Jahren kommt lineares TV auf einen Marktanteil von fast 60 % und lässt – auch dank brillanter Bildqualität in HD – YouTube hinter sich.
Welche Sender die Österreicherinnen und Österreicher dabei am liebsten schauen? Die Sender der ProSiebenSat1Puls4-Gruppe, wenn es nach der werbestärksten Zielgruppe zwischen 12 und 49 Jahren geht. Die größte Privatsender-Gruppe kommt hier auf 30,1 % Marktanteil, die ORF-Sender auf 25,5 % und die RTL-Gruppe auf 17,9 %. In der Gesamtbevölkerung dagegen haben die öffentlich-rechtlichen Sender mit 34,1 % weiterhin den größten Marktanteil, liegen gegenüber allen Privatsendern zusammen aber bereits im Hintertreffen. Die Details …
Das Duell Private gegen ORF
Noch hat der ORF die Nase vorn. Noch. Denn seit 2013 bauen die öffentlich-rechtlichen Sender kontinuierlich ab. So gingen in der werbestärksten Zielgruppe in den letzten 5 Jahren fast 3 % verloren. In Folge dessen musste man hier auch schon die Poleposition abgeben.
Marktanteile ab 12 Jahren
ORF-Sender 34,1 %
ProSiebenSAT1Puls4 20,4 %
RTL Gruppe 13,8 %
ServusTV 2,6 %
Marktanteile zwischen 12 und 49 Jahren
ProSiebenSAT1Puls4 30,1 %
ORF-Sender 25,5 %
RTL Gruppe 17,9 %
ServusTV 1,8 %
(Quelle: AGTT/GfK-Teletest in DER STANDARD vom 19.12.2017)
Von wegen Jüngere schauen nicht mehr fern
Ein Fakt ist unbestritten: Je älter das Publikum, desto höher die Reichweite. Bei Menschen Ende 60 beträgt sie fast 90 %, bei Teenagern fällt sie ab. Sobald die jungen Menschen aber Twens werden, geht’s wieder bergauf. Der Reichweiten-Knick ist also ein vorübergehender, der in der Diskussion deutlich überbewertet wird. So zeigt die RTR-Bewegtbildstudie für Österreich, dass 14- bis 29-Jährige zu 59 % lineares Fernsehen und nur zu 10 % YouTube konsumieren. Die Dauer der Bewegtbildnutzung beträgt demnach 211 Minuten täglich. Im Vergleich dazu kommt die Gesamtbevölkerung auf durchschnittlich 234 Minuten bei 81 % TV-Anteil.
Von wegen nur noch Netflix, Amazon Prime & Co.
In den Medien wird gerne das Ende des Fernsehens herbeigeschrieben. Die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Während das klassische Fernsehen auf 81 % Anteil kommt, sind YouTube mit 3 %, Netflix und Amazon Prime Video mit je 1 % verhältnismäßig unbedeutend. Nimmt man nur Personen zwischen 14 und 29 her, verschiebt sich das Bild – aber nur ein wenig: Netflix und Amazon Prime kommen auf je 3 %, YouTube auf 10 %. Das Echtzeit-TV-Erlebnis in HD hat auch hier mit 59 % deutlich die Nase vorn. Sprich: Das Fernsehen wird wohl noch länger überleben.
Anteile Bewegtbildnutzung ab 14 Jahren (Auszug)
Laufendes TV 81 %
YouTube 3 %
Netflix 1 %
Amazon Prime 1 %
Anteile Bewegtbildnutzung 14 bis 29 Jahre (Auszug)
Laufendes TV 59 %
YouTube 10 %
Netflix 3 %
Amazon Prime 3 %
(Quelle: RTR-Bewegtbildstudie 2017)
Quoten-Hits 2017: Nationalratswahl, Shows und Sport
Warum Fernsehen nach wie vor angesagt ist, zeigen die meistgesehenen Sendungen 2017. Hier dominieren Live-Erlebnisse aus Politik (rund um die Nationalratswahl), Sport (Skifahren und Fußball) und Kultur (Opernball und Neujahrskonzert), ergänzt durch TV-Shows wie „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“, „Das Supertalent“, „Deutschland sucht den Superstar“ oder „The Voice of Germany“.
Bei den Privatsendern belegen Sendungen aus dem Nationalratswahlkampf 2017 die ersten drei Plätze. Die Qualität der Informations- und Nachrichten-Sendungen wird dabei nicht nur vom Publikum gewürdigt, sondern auch vom Branchenblatt „Der Österreichische Journalist“, das Puls 4 mit Auszeichnungen überhäuft. So ist Info-Chefin Corinna Milborn „Chefredakteurin des Jahres“ und „Journalistin des Jahres“, Geschäftsführer Markus Breitenecker „Medienmanager des Jahres“.
Zurück zu den beliebtesten Sendungen: Die Nationalratswahl bringt auch dem ORF die besten Quoten. Vier Sendungen vom Wahlsonntag belegen die ersten vier Plätze. Dahinter folgen Skirennen, Opernball, Neujahrskonzert und auf Platz 13 das Elfmeterschießen der Fußball-Damen gegen Dänemark im Semifinale der Euro.
Fazit
Das Fernsehen boomt trotz Netflix oder YouTube, die eher für zusätzliche Abwechslung als für die Ablöse der arrivierten TV-Sender sorgen. Speziell bei den Jüngeren. Die Privatsender sind längst eine ernstzunehmende Größe. Quantitativ wie qualitativ. Und Qualität spielt auch technisch die Hauptrolle, wobei das wie mit der Henne und dem Ei ist. Haben die immer größeren TV-Geräte den HD-Boom oder die immer bessere Auflösung das Wachstum der Bildschirme ausgelöst?